BNN-Artikel „Selbstbehauptung“


BNN vom 25.03.2023

 

Werner Dietrich – Verband für Gewaltprävention Bruchsal

Auch Dietrichs ehemaliger Arbeitgeber, das Polizeipräsidium Karlsruhe, beteiligt sich an dem Projekt. Gemeinsam bilden die Partner Trainerinnen und Trainer in puncto Selbstbehauptung aus. Mit dem Ziel dass diese dann ihr Wissen in Schulen und Vereinen, in Behörden und Altersheimen weitergeben.

Dietrichs Beobachtung: Die Gewalt habe in jüngster Zeit nicht unbedingt zugenommen. Aber im Unterschied zu früher sei die Gesellschaft weniger homogen. So würden heute in Schulen verschiedene soziale Gruppen aufeinandertreffen. Konflikte seien programmiert.

Bedrohliche Situationen zu erkennen und zu vermeiden – Selbstbehauptung soll Jugendlichen, aber auch älteren Menschen dabei helfen. Sie lernen, bei hohem Stress handlungsfähig zu bleiben und jederzeit zu signalisieren „mit mir nicht!“. Wer das verinnerlicht hat, tritt selbstsicher auf . Und schreckt laut VGS schon dadurch die meisten potenziellen Angreifer ab.

Man muss im Notfall also doch nicht schlagen können? Die Polizeiliche Kriminalprävention, eine Einrichtung der Bundesländer und des Bundes, weiß: Sich zur Wehr zu setzen, kann Schlimmes verhindern. Ein Täter lässt von seinem Opfer häufig ab, wenn dieses sich massiv wehrt. Mit viel Gegenwehr können sogar neun von zehn Frauen den Täter zur Aufgabe bewegen.

„Der Übergang von Selbstbehauptung zu Selbstverteidigung ist fließend“, erklärt Werner Dietrich, der auch Vorsitzender des Bruchsaler-Budo-Clubs ist. Er steht in der Vereinshalle unweit des Schwimmbads und folgt mit den Augen den Bewegungen mehrerer Frauen und Männer. Sie üben, einen Faustschlag abzuwehren. Reflexartig sollen beide Arme schützend nach oben gehen. Das zu trainieren, bedeutet: Die Sportler würden sich im Notfall auch körperlich verteidigen – also dann, wenn die Strategien der Selbstbehauptung nicht fruchten. „Welche Technik man wählt, ist letztlich egal“, sagt Dietrich.

Für Tobias Böckle war es irgendwann Krav Maga. Den Handballenschlag, mit dem er gerade Sebastian Kaluschni außer Gefecht setzt, bekam woanders allerdings noch nie jemand zu spüren. „Früher war ich oft Mobbing-Opfer“, sagt er. Heute wird er in Ruhe gelassen. Auf diesen Effekt hofft auch Alissa Seifert. Sie erzählt von einer „unschönen Begegnung“, dann macht sie mit den anderen Liegestützen, Sit-Ups und Sprünge. Im Wechsel, mehrmals hintereinander. Als Stresstraining zum Abschluss. Die junge Frau dreht sich mit geschlossenen Augen um die eigene Achse und schlägt Thorsten Bruchhäuser ein letztes Mal kräftig auf die Stirn. Patsch.